Botschafter:innen für Musik in der Schule

Bernd Ruf - Dirigent

"Schon als Grundschüler war mir klar, dass ich einmal Musiker werden würde. Etwas anderes war undenkbar für mich. Die Lehrer und Lehrerinnen müssen das gespürt haben, sodass ich immer wieder durch kleine Aufgaben wie das Schreiben von Arrangements und das Leiten von Ensembles gefördert wurde. Ein Schlüsselerlebnis mit weitreichenden Konsequenzen war die Behandlung von Dvořáks 9. Sinfonie im Musikunterricht mit anschließendem Klassen-Konzertbesuch im Palais de la Musique et des Congrès de Strasbourg – gespielt von der Tschechischen Philharmonie unter Václav Neumann. ­Noch in derselben Nacht begann für mich die Neue Welt, denn ich dirigierte mithilfe der Eulenburg-Taschenpartitur, einer meiner ersten selbst erworbenen Klassik-Schallplatten und einem langen Bleistift die Tschechische Philharmonie mit Dvořáks Sinfonie Aus der Neuen Welt mehrmals im Loop!!! Seit dieser Nacht bin ich dem Dirigentenberuf verfallen.

Ein weiteres prägendes Erlebnis war für mich die Behandlung von Alban Bergs Violinkonzert im Grundkurs Musik in der Oberstufe. Dies geschah in einer Detailgenauigkeit, hörend und lesend, intellektuell und sinnlich, wie ich es im Musikstudium später kaum mehr erlebt habe. Dass dieses ‚Engelskonzert‘ auch heute noch mein Lieblings-Violinkonzert ist, verdanke ich meinem Musiklehrer Hermann Enderle vom Gymnasium Gengenbach, der den Weg zu dieser komplexen Musik mit großer Intensität vor uns Schüler:innen ausbreitete.

Musikunterricht in der Schule heißt, alle Kinder in ihrem Interesse an Musik zu erreichen: sie einzuladen, Musik – gleich welchen Genres – zu hören, zu reflektieren, zu erleben, zu erspüren. Einige Kinder werden später selbst musizieren, die meisten anderen werden Musik hören. Dass sie dies mit ihrem Herzen tun können, das ist unser aller Aufgabe. Musik gilt es nicht nur leidenschaftlich zu spielen, sondern auch mit Leidenschaft zu vermitteln."

 

Biografie:

Bernd Ruf gilt als Pionier zwischen den musikalischen Welten. Seit mehr als 3 Jahrzehnten arbeitet er im Grenzbereich von Klassik, Jazz, Rock und Weltmusik. Der Dirigent, Klarinettist und Hochschuldozent begann als Kind mit Melodika, Klarinette, Flöte, Akkordeon, Gitarre und Klavier in die Musikwelt einzutauchen, um später Schulmusik und Diplom-Musiklehrer mit Hauptfach Klarinette und Jazz- und Popularmusik mit Hauptfach Saxophon in Stuttgart zu studieren. Danach absolvierte er ein Kapellmeisterstudium in Stuttgart und ein Musikwissenschaftsstudium in Frankfurt. Der Einstieg in den Dirigentenberuf gelang über die Musicals Miss Saigon, Die Schöne und das Biest und König der Löwen. Es folgte die Zusammenarbeit mit verschiedenen Sinfonieorchestern. So dirigierte er beispielsweise die Rundfunkorchester des ORF, des NDR (Hannover) und des SWF (Kaiserslautern), leitet seit mehr als 20 Jahren als regelmäßiger Gastdirigent bei der Staatskapelle Halle Filmmusik und Symphonic Rock und dirigierte die Einspielungen vieler Film- und Gamesoundtracks. Er erhielt Schallplattenpreise, u.a. eine Grammy-Nominierung (Los Angeles), einen Golden Melody Award (Taiwan), Opus Klassik Nominierungen (Dirigent des Jahres 2022). Er arbeitete u.a. mit Roger Hodgson (Supertramp), Jon Lord (Deep Purple), Randy Brecker und Raul Jaurena. Seit 2004 lehrt Bernd Ruf an der Musikhochschule Lübeck an der Schnittstelle von klassischer und popularmusikalischer Ausbildung, wo er sich stark für den Bereich Musik Vermitteln engagiert, zwischenzeitlich auch das Schulmusikinstitut leitete.

www.berndruf.de

 

Paula Linke - Leipziger Liedermacherin

"Solange ich mich zurückerinnern kann, sangen wir sehr viel zu Hause. Meine Mutter ist Musiklehrerin und wenn sie am Klavier Lieder sang, sangen meine Schwester und ich oft mit, bald mehrstimmig. Schon bald ging ich zur musikalischen Früherziehung in die Musikschule. Dabei kamen wir immer durch den Gang, wo der Klavierunterricht stattfand. Ich wollte ab sofort unbedingt Klavier spielen und als ich das nach einem Jahr immer noch wollte, durfte ich.

In der Grundschule hatte ich dann das Glück, dass unser Klassenlehrer gleichzeitig Musiklehrer war und deswegen auch hier Musik eine große Rolle spielte: Ich erinnere mich an Kontertänze zur Musik verschiedener Jahrhunderte, an wundervolle Popsongs und aufregende Jahresabschlusskonzerte. Singend, tanzend, musizierend und hörend lernten wir die breite Welt der Musik kennen.

Und so wollte ich immer mehr: In der Musikschule vertiefte ich das Tanzen, nahm klassischen Gesangsunterricht, lernte Klarinette und brachte mir autodidaktisch das Gitarrespielen bei. Mit 13 Jahren fing ich an, eigene Lieder zu schreiben.

So ist Musik in meiner Kindheit und Jugend ein nicht wegzudenkender Bestandteil meines Lebens geworden und das ist bis heute so geblieben. Während des Studiums und später meiner Arbeit als Theaterpädagogin stand ich mit meinen Liedern auf Bühnen, als Zwischenact bei Poetry Slams, in kleinen Cafés, in Kneipen.

Schließlich wagte ich den Sprung und machte das Liederschreiben und -singen zu meinem Beruf. Die musikalische Bildung, die ich in Elternhaus, Musikschule und nicht zuletzt der Schule erfahren durfte, kommt mir heute in meiner Arbeit zugute und hat den Grundstein für all das gelegt, was ich heute machen darf."

 

Biografie:

Nach ihrer Schulzeit in Leipzig absolvierte die 1989 geborene Paula Linke ein FSJ an einem Kinder- und Jugendfreizeitzentrum in der Slowakei und gab dort Kurse u.a. zu Sprachen und zu zeitgenössischem Tanz. Anschließend studierte sie an der Universität Erlangen-Nürnberg Theater- und Medienwissenschaften sowie Soziologie und machte ihren Master im Fach Theaterpädagogik. Danach war sie Regie- und Dramaturgieassistentin am Stadttheater Ansbach, später Dramaturgin und Theaterpädagogin am Jungen Theater Münster. 2019 kehrte sie nach Leipzig zurück und ist seither als Liedermacherin aktiv. Beim renommierten Liederfest „Hoyschrecke“ in Hoyerswerda gewann sie 2020 den Publikumspreis und den zweiten Preis der Jury. Gegenwärtig arbeitet Paula Linke an ihrem dritten Album „Ich will noch runder werden“.

www.paula-linke.de
 

Jonathon Heyward - Chefdirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford

„In der Streicherklasse wollte ich eigentlich Geige lernen, aber die Schlange für die Geigen reichte bis auf die Straße und weil ich ein ungeduldiger Junge war, habe ich mich kurzerhand bei den Celli angestellt. Ich werde nie das Gesicht meiner Mutter vergessen, als ich mit dem großen Instrument nach Hause kam. Das Cello war wahrscheinlich größer als ich! Ein Klavier und den nötigen Klavierunterricht konnten wir uns zu Hause nicht leisten, darum war es für mich ein Geschenk, an der öffentlichen Schule ein Instrument lernen zu dürfen.

Zum Dirigieren bin ich dann zwei Jahre später gekommen. Ein Tag vor einem Konzert ist unser Dirigent krank geworden. Der Vertretungslehrer konnte kein Orchester dirigieren. Da wurden dann alle Namen auf einen Zettel geschrieben und in einen Hut geworfen. Ausgerechnet mein Name wurde gezogen. Der Gedanke auf der Bühne ganz vorne zu stehen, gefiel mir als schüchterner Junge mit zwölf Jahren überhaupt nicht. Aber es war ein magischer Moment für mich, die ganze Orchesterpartitur und all die Linien zu sehen, die sich dann zu Klängen zusammenführen lassen.

Das war der Moment, als in mir der Wunsch entstand, ein Dirigent zu werden. Das sollte mein Leben prägen.

Ohne den Musikunterricht in der Schule wäre ich wahrscheinlich nie ein Musiker geworden!“

 

Biografie

Ursprünglich als Cellist und Kammermusiker ausgebildet, begann Jonathon Heyward sein Dirigierstudium am Bostoner Konservatorium bei Andrew Altenbach. Anschließend übernahm er die Position des »Assistant Conductor« sowohl für die Opernabteilung als auch für die Boston Opera Collaborative, wo er an Produktionen wie La Bohème, Die Zauberflöte und Die Schändung der Lukrezia von Benjamin Britten arbeitete.

2013 war er mit 21 Jahren jüngster Halbfinalist des Wiener »Blue Danube International Opera Conducting Competition« und wurde kurz darauf zum stellvertretenden Direktor der Hampstead Garden Opera Company in London ernannt.

2016 schloss er sein Postgraduiertenstudium im Fach Dirigieren bei Sian Edwards an der Royal Academy of Music in London ab.